„Was der Cruyff dort auf dem
Rasen fabriziert hat, war ein
Traum. Sowas hatte ich bis dahin
live noch nicht gesehen."
Der sportliche Ehrgeiz wurde mir in der Familie
schon vorgelebt: Meine drei Brüder haben Fufi-
ball gespielt, mein Vater hat FuRball gespielt und
mich in dieser Zeit auch trainiert und betreut.
Mit 15, 16Jahrenistdannschonder Wunsch
entstanden, mat den Sprung in einen höherklas-
sigen Verein zu schaffen und im FuRball ganz
oben anzukommen. Zu diesem Zeitpunkt habe ich
aber noch keinen Gedanken daran verschwendet,
einmal Nationalspieler zu werden. Erstmal wollte
ich bei Dynamo Dresden FuR fassen und sehen,
wie die Entwicklung weitergeht.
Am letzten Samstag ist die A-Jugend in die Bun-
desliga aufgestiegen. Wie haben Sie selbst den
Wechsel vom Nachwuchs in den Herrenbereich
in Erinnerung?
Erstmal möchte ich der
U19 einen Glückwunsch
aussprechen. Ich freue
mich, dass der Aufstieg
in die Bundesliga
gelungen ist. Das ist für
den gesamten Verein
eine tolle Sache. Mein
eigener Übergang in die Flerrenmannschaft ging
ziemlich nahtlos vonstatten. Am Anfang habe ich
noch in der 2. Mannschaft gespielt, aber ich hatte
das Glück, dass Kurt Kresse, derVorgangervon
Walter Fritzsch, mirvon Beginn an die Chance
gegeben hat, in der 1. Mannschaft mitzutrainie-
ren. Und dann kam mit Fritzsch ein Trainer, der
sehraufdieJugend gesetzt hat.Esgingbeimir
sicher relativ schnell, aber ich habe auch etwas
dafür getan. Mir war bewusst, dass ich ernsthaft
arbeiten muss, um in dieser Mannschaft zu be
stehen und mithalten zu können. Ich glaube, das
ist heute manchmal etwas anders. Der eine oder
andere junge Spieier denkt zu schnell, dass das
von alleine lauft.
Wer Sie kennt, weifi, dass Sie immer ein boden-
standiger Typ waren. Welchen Rat in puncto
Charakterschule geben Sie Talenten wie Marvin
Stefaniak oder Paul Milde mit auf den Weg?
Ich kann ihnen nurans Flerz legen, weiter hart an
sich zu arbeiten. Ein Nachwuchsspieler darf nicht
denken, dass er mit seinem ersten Vertrag schon
am Ziel ist. Letztlich entscheidet jeder junge
Spieier auch selbst, welchen Weg er gehen will
und ob er ganz oben ankommen will. Dazu gehort
auch, dass man Zeiten durchsteht, in denen es
nicht so lauft. Wichtig ist in jedem Fall, dass man
seine Chance nutzt und dabei auf dem Teppich
bleibt.
Wann haben Sie selbst als junger Fufiballer zum
ersten Mal ein grölieres öffentliches Interesse
an Ihrer Person erlebt?
Das kam mit den ersten Spielen in der Oberliga,
1969. Seit diesem Jahr hat Dynamo dauerhaft in
der Oberliga gespielt, die ersten Titel wurden
gewonnen und wirfingenan, auch international
eine Rolle zu spielen. Aber die Öffentlichkeit war
natürlich um einiges geringer als heute. Damals
haben sich die Zeitungen und Radiosender noch
nicht auf dich gestürzt, wenn du ein gutes Spiel
gemacht hast. Umgekehrt wurdest du nach ei-
nem schlechten Spiel auch nicht so auseinander-
genommen. Da wurden wir schon mehr in Ruhe
gelassen.
lm Europapokal der
Landesmeister sind
Sie als 20-Jahriger im
Hinspiel im Amsterda-
mer Olympia-Stadion
vor 60.000 Zuschauern
aufgelaufen. War das für Sie die bis dahin gröfi-
te Kulisse als Fufiballer?
Auf jeden Fall! Für uns war diese Kulisse etwas
Neues. Wir waren zu dem Zeitpunkt eine relativ
unbekannte Mannschaft auf internationaler
Ebene. Das war schon beeindruckend, als wir in
dieses Stadion eingelaufen sind. Die Leute haben
ihre Mannschaft angefeuert, die zum damaligen
Zeitpunkt zur Weltspitze gehorte. Am Ende waren
wir mit dem 0:2 ja auch noch gut bedient.
Einen direkten Gegenspieler hatten Sie als
Libero zwar nicht, aber kamen Sie trotzdem mal
in Tuchfühlung mit Cruyff und Co.?
Soweit ich mich zurückerinnere, sind wir kaum
in die Zweikampfe gekommen (lacht). Was der
Cruyff dort auf dem Rasen fabriziert hat, war ein
Traum. Sowas hatte ich bis dahin live noch nicht
gesehen. Wenn man ihm gegenüber stand, da hat
man selbst schonauchmitderZunge geschnalzt.
Natürlich sind wir das eine oder andere Mal
zusammengerasselt, aber Ajax war uns doch weit
überlegen und hat einen richtig geilen Fufiball
gespielt.
Nach dem Spiel ist die Mannschaft in Amster
dam noch feiern gewesen. War das bei den
Auswartsspielen im Europacup so üblich?