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„Wir haben uns sehr achtbar aus der Affare gezogen."
Bei den Spielen gegen Ajax 1971 war auch der junge
Reinhard Hafner mit dabei. Wirsprachen mit ihm
über das damalige Duell und das Wiedersehen nach
42 Jahren.
Reinhard Hafner, Sie sind im Sommer 1971 zu Dy
namo gekommen, waren damals 19 Jahre alt und
durften im Landesmeisterpokal gegen Ajax Ams
terdam im Rückspiel von Beginn an spielen. Sicher
ein ganz besonderes und unvergessliches Erlebnis,
gegen Cruyff und Co. zu spielen
Es war für mich das bis dahin gröflte
Erlebnis im FuOball. Vorher habe ich
bei Rot-Weifl Erfurt gespielt. Einen
Teil der Amsterdam-Spieier kannte
ich bereits von der U18-Europa-
meisterschaft in Schottland, als wir
gegen die Niederlande das Finale
bestritten. Ein Duell im Europapo-
kal vor einer solchen Kulisse wie
in Dresden ist natürlich besonders
gewesen. Das hatte ich bis dahin
noch nie erlebt.
Ajax Amsterdam gewann dreimal in
Folge den Landesmeisterpokal und
hatte damals exzellente FuRballer
in seinen Reihen. Gab es einen Spie-
Ier, der Ihnen im Rückspiel das Leben besonders
schwer gemacht hat?
Mein Gegenspielerwar Arie Haan, derspëterals
Trainer mit dem VfB Stuttgart nochmal nach Dres
den kam. Er war ein sehr mannschaftsdienlicher
Akteur. Herausragend war natürlich Johan Cruyff,
der zu dieser Zeit unangefochten der beste Spieier
der Welt war. Ihm auf dem Platz zuzuschauen, war
eine Augenweide. Man wusste nie, was er vorhat. Er
war Denker und Lenker seiner Mannschaft und hat
viele Begegnungen durch seine Tore oder Vorlagen
entschieden.
Wie wertvoll ist unter diesen Gesichtspunkten das
0:0 im Rückspiel zu bewerten, das zwar nicht zum
Weiterkommen reichte, aber dennoch als kleiner
Erfolg angesehen werden konnte?
Das war nicht nur ein kleiner Erfolg. Wir haben uns
sehr achtbar aus der Affare gezogen und den Ajax-
Spielern kaum Torchancen gestattet. Ehrlicherweise
muss man einrëumen, dass die Gëste die Partie
Reinhard Hafner (1976)
immer kontrollierten. Ich glaube, hëtten wir ein Tor
geschossen, hëtte Ajax nochmal eine Schippe drauf-
gelegt. Den Eindruck hatte ich jedenfalls. Für unsere
Verhëltnisse haben wir ein sehr gutes Spiel gemacht
und ein würdiges Ergebnis erzielt.
lm Stadion waren damals 35.000 Zuschauer. Wel-
che Erinnerungen haben Sie an die Atmosphare auf
den Rangen?
Es war der Wahnsinn! Ich kam aus Erfurt. Da gab
es auch ein begeisterungsfëhiges Publikum und oft
kamen 20.000 Zuschauer ins Stadi
on. Die Kulisse in Dresden ist aber
einzigartig gewesen. Von unserem
Quartier sind wir am Spieltag um 18
Uhr mit dem Mannschaftsbus ins
Stadion gefahren. Um diese Zeit war
jeder Platz schon besetzt und drau-
Oen hatten die Leute ihre Leitern
aufgebaut, um irgendwie einen Bliek
ins Stadion zu erhaschen. Das war
für mich damals unglaublich.
Bis 1991 waren europaische Mann
ish #ki schaften gleich mehrmals in einer
Saison in Dresden zu Gast. Der Eu-
ropapokal gehorte zum sportlichen
Alltag der Schwarz-Gelben. Welche
Bedeutung hat eine Partie wie jetzt gegen ein in-
ternationales Spitzenteam wie Ajax Amsterdam für
den Verein, die Fans und die Stadt?
Ich sage es mal so: Das wird ein echter Gradmesser
für die aktuelle Mannschaft von Peter Pacult, um zu
sehen, wo man in der Saisonvorbereitung steht. Ajax
ist ein renommierter Verein, auch wenn die ganz
groOen Erfolge schon ein wenig zurückliegen. lm
letzten Jahr konnte Dynamo gegen West Ham United
eine gute Partie abliefern. Man sollte aber nicht den
Fehler machen, die Partie und das Ergebnis an-
schlieOend überbewerten - egal, in welche Richtung.
Nicht bei einer Niederlage, wenn Amsterdam mit
voller Kraft spielt, aber auch nicht bei einem Sieg
wie gegen West Ham, als man zu optimistisch in die
neue Saison ging. Für den Trainer und die Dynamo-
Spieier wird es wichtig sein, diese Begegnung zu
nutzen, um die richtige Formation für die ersten
Punktspiele zu finden.
Herr Hafner, vielen Dank für das Gesprach.