FABER
RUCKBLICK
Respektlos, sorglos, fassungslos -
gleich drei Gesichter zeigte unser VfL
beim 2:4 (2:4) im Achtelfinal-Hinspiel
bei Ajax Amsterdam. Eine halbe Stun-
de bot der AuRenseiter vor 52.000 Zu-
schauern in der ausverkauften Am-
sterdamer Arena laut VfL-Trainer
Klaus Toppmöller "FuRball vom Aller-
feinsten" und ging mit 2:0 in Fiihrung.
Doch dann vergaR der Europacup-
Neuling mit der Sensation vor Augen
das Verteidigen und wurde vom sechs-
maligen Europapokalsieger innerhalb
von nur fiinf Minuten brutal aus alien
Traumen gerissen.
"Wir haben Ajax zwei Tore geschenkt
und sind fiir unsere Dummheit be
straft worden", argerte sich Klaus
Toppmöller, der sich für das heutige
Rückspiel nur noch eine sehr kleine
Chance ausrechnet: "Wir wollen zwar
alles daransetzen, urn ein Wunder zu
realisieren. Wir sind aber nicht so ver-
messen zu glauben, dafi wir noch eine
Runde wederkommen können."
Eine halbe Stunde bekamen die hoch-
favorisierten Hollander kein Bein auf
den Rasen, die mit ihren eigenen Waf-
fen in Schach gehalten wurden: Klaus
Toppmöller schockte den 26maligen
Rekordmeister und souveranen Tabel-
lenfiihrer der hollanischen Ehrendi-
vision, indem er sein Team im Ajax-Stil
mit Vierer-Abwehrkette und drei Stiir-
mern spielen lieR. "Als ich vor zwei-
einhalb Jahren angefangen habe, bin
ich noch belachelt worden, als ich das
Ajax-System einfiihren wollte", sagte
"Toppi" nicht ohne Genugtuung. Die
Aj ax-Fans waren spatestens nach dem
2:0 durch Tore von Thomas Reis (20.)
und Tomasz Waldoch (24.) mucks-
miiuschenstill. 3-000 mitgereiste VfL-
Anhanger skandierten hingegen begei-
stert "Ajax, alles ist vorbei". Mit indivi
duellen Fehlern ermöglichten die Bo-
chumer dann innerhalb von nur fiinf
Minuten die Wende: Zweimal Michael
Laudrup (34. und 36.) und der Geor
giër Schota Arweladse (38.) drehten
den SpieR urn.
Schlecht das Verhalten vor dem 3:2,
als Laudrup einen FreistoR schnell
ausfiihrte und alle VfL-Spieler auf
einem Haufen standen. Dann ermög-
lichte Torhüter Uwe Gospodarek mit
einem nach vorne abgeklatschten Dis-
tanzschufi des Ex-Kölners Sunday
Oliseh in der Nachspielzeit noch das
4:2 durch Frank de Boer.
"Ajax hatte Gliick, daR der VfL
Bochum der Gegner war. Wahrschein-
lich ist es die einzige deutsche Mann-
schaft, die auswarts nicht verteidigt",
schrieb die Rotterdamer Tageszeitung
Algemeen Dagblad. In die gleiche Kerbe
schlug auch Uwe Gospodarek: "Es
ging drunter und driiber. Keiner hat
gesagt, dafi wir nach dem 2:0 den geg-
nerischen Torwart angreifen miissen.
Wir waren einfach zu unkonzentriert.
Das wird von Ajax bitter bestraft."
Dennoch hat "Gospo" fiir das Rück
spiel noch ein Fünkchen Hoffnung.
"Man hat es bei Udine gesehen. Die
haben Ajax 80 Minuten dominiert.
Aufierdem ist ein 4:2 besser als ein
2:0."
Die Aussichten für das Erreichen des
Viertelfinals sind dennoch gering, zu-
mal unser russischer Torjager Sergej
Juran wegen der zweiten Gelben Karte
und Abwehrrecke Tomasz Waldoch
wegen einer schweren Verletzung im
Leistenbereich ausfallen werden.
14 Mal ist Ajax im Europapokal auf
deutsche Gegner getroffen, nur einmal
waren die "Ajacieden" im Landesmei-
ster-Wettbewerb 1980/1981 an Re
kordmeister Bayern München ge-
scheitert. "Dafi ausgerechnet der VfL
Bochum in die Fufistapfen von Bayern
München steigen soli, glaubt nie
mand", schrieb die Amsterdamer Zei-
tung Trouw. Abwarten.
Fallt wegen der 2. gelben
Karte aus: SergejJuran.t