MARTIN WAGNER INTERVIEW - INTERVIEW INTERVIEW - INTERVIEW - INTERVIEW Persönliches Martin, Du hast Dich über vier Jahre hinweg in Nürnberg sehr wohi gefühlt und wolltest den Verein im Grunde genommen nicht verlassen. Für Deinen Wechsel warten laut Presse hauptsachlich finanzielle Pro- bleme des Vereins maBgebend. Wagner: Ja, das ist richtig. Der 1. FC Nürnberg brauchte Geld und mul3te mich verkaufen. Ich hab' mir dann einen Verein aus- gesucht, der von der Struktur und vom Umfeld her gut zu mir paBt. Ich glaube, man sieht an meinen Leistungen, daB ich mich hier sehr wohlfühle. Auf Nürn berg war ich ein biBchen sauer. Sie haben, wie gesagt, Andre Golke und mich für ca. 3 Millio- nen verkauft, weit sie Geld brauchten. Auf der anderen Seite haben sie wieder für 3 Millionen Spieier eingekauft. Aber das in- teressiert mich nicht mehr, da ich in Nürnberg niemand etwas be- weisen muB. Haben sich Deine Erwartun- gen nach dem Wechsel erfüllt? Wagner: Die erste Erwartung war, daB ich mir hier einen Stammplatz erkampfte. Die Kon- kurrenz war mit gestandenen Bundesligaspielern wie Frank Lelie und Guido Hoffmann we- sentlich gröBer als in Nürnberg. Das hab' ich geschafft und ich kann mit dem ersten Halbjahr in Kaiserslautern sehr zufrieden sein, glaub' ich. Ich war zudem bei einem Sichtungslehrgang der Nationalmannschaft dabei und hoffe, dem 28er Kader der Südamerikareise anzugehören. Zumal Du auf Deiner Position keinen übermachtigen Konkur- renten in der Nationalmann schaft hast. Wagner: Ich hab' immer wieder gesagt, daB ich keinen Deut schlechter bin als Leute wie Reinhardt oder Frontzeck. Dazu steh' ich auch. und wenn meine Chance kommt, dann werde ich sie nutzen. Du bist auf dem besten Weg, zum Publikumsliebling in Kai serslautern zu werden. Woran liegt das Deiner Meinung nach? Wagner: ich glaube, daB die Zu- schauer die Arbeit, die ich hier abliefere, honorieren. Ich gebe im Spiel lieber 120 Prozent als 99. Lieber geht mal mein Tempera ment mit mir durch (wie bei der gelb-roten Karte gegen Karls ruhe), als daB ich in einem Zwei- kampf meinen FuB zurückziehe. Das wird bei mir nie der Fall sein. AuBerdem habe ich für den Ver- Geboren am 24. Februar 1968 Beim 1. FCK seit 1992 (Neuzugang) Stationen seiner FuBballerlaufbahn: Kehler FV Offenburger FV 1. FC Nürnberg ein im Schalkespiel schon drei Zahne geopfert. Ware für Dich, konstante Lei stungen vorausgesetzt, ein Wechsel nach Italien ein Thema? Wagner: Momentan würde ich sagen: Nein. Die Regel mit sechs Auslandern, von denen nur drei spielen dürfen, finde ich überzo- gen. Deutsche Nationalspieler wie HaBler oder Sammer sitzen auf der Bank. Deswegen finde ich den Weg eines Stefan Reuter richtig, der nach Deutschland zu- rückgekommen ist. Aber wenn sich das irgendwann andert und ich in Italien in zwei Jahren das verdienen kann, was ich in Deutschland in fünf Jahren ver- diene, würde ich vielleicht auch schwach werden. Die Bundesligasaison ist für den 1. FC Kaiserslautern bisher nicht wie erhofft verlaufen. Vor al- lem auswarts wurde nur wenig erreicht. Wagner: Das ist richtig. Die Spiele auswarts waren von uns meist nicht schlecht, nur haben wir keine Tore gemacht. Wir ha ben immer gefallig gespielt, manchmal bis zur Selbstgefallig- keit. in Bochum haben wir relativ verhalten gespielt und nach dem Aus fall von Wolfgang Funkel ging ein Ruck durch die Mannschaft, alle rückten plötzlich enger zu- sammen. Wie im Sprichwort: Ein angeschlagener Boxer ist be- sonders gefahrlich. Die Mann schaft rückte plötzlich engerzu- sammen und Spieier, die bis da- hin im zweiten Glied standen, spielten gut. Wiez.B. der Thomas Richter, der in Sheffield ein sehr starkes Spiel machte, nachdem er ins katte Wasser geworfen wurde. Das braucht die Mann schaft. Wie soil es weitergehen, wenn die verletzten Stammspieler wie der einsatzfahig sind? Sollen sie dann wieder spielen und die jun- gen Spieier zurück auf die Bank? Wagner: Das muB der Trainer entscheiden. Meines Erachtens darf nur die Leistung entschei den, unabhangig vom Namen der Spieter. Dann haben wir auch den Konkurrenzkampf, den sich der Trainer wünscht und der lei- stungsfördernd ist. Am Ende zahlt nur der Erfolg der Mann schaft. Apropos Trainer. Der Rai- nerZobel tutmirirgendwie etwas leid, da er noch immer im Schat ten von Karl-Heinz Feldkamp Steht. Er versucht hier sein Be sfes, liefert eine sehr gute Arbeit ab und ist meiner Meinung nach auf dem richtigen Weg. Der Trai ner hat uns immer gut eingestellt. Wenn wir dann keine Tore erzie- len, kann er ja nichts dafür. Fans Fanarbeit Die Fans des 1. FC Kaiserslau tern wurden in der letzten Zeit in den Medien gröBtenteils positiv dargestellt. Was hat Dich als Spieier schon mal gestört, was könnten wir Fans noch verbes- sern? Wagner: Es ist schon erstaun- lich, wie viele Fans in einer ver- gleichsweise kleinen Stadt wie Kaiserslautern immer wieder ins Stadion kommen. Da sieht man die Verbundenheit mit dem Ver ein. Auch wenn man in die Umge- bung kommt: Überall sieht man Autos mit Wimpeln und Sc ha Is. Es ist hier einfach familiarerals in Nürnberg, nicht so weitlaufig. Gestört hat mich nur das Rück- spiel gegen Reykjavik, als nach fünf Minuten schon gepfiffen wurde. Es waren bei uns aber auch einige Spieier dabei, die sich nicht richtig reingehSngt ha ben und froh waren, als der Schiedsrichter abgepfiffen hat. Dabei kennen die das Publikum hier besser als ich. Ich bin ein Spieier, der, wenn es mal nicht richtig iauft, wenigstens für die Mannschaft kampft. Daher hatte ich auch Verstandnis für die Zu- schauer. ich hab' auch einige Spieier kritisiert, mich dabei ein biBchen zu weit aus dem Fenster gewagt und von einigen Spieiern Schelte gekriegt. Aber das war mir im Endeffekt egal, denn die Brötchengeber sind für uns die Zuschauer. Gut finde ich Fangemeinschaften wie z.B. mit 1860 München oder Werder Bremen. Wir spielen schlieBlich nur urn zwei Punkte. Viele sehen das alles zu eng und schlagen sich nach dem Spiel die Schade! ein. Das muB nicht sein, Gewait gehort nicht ins Sta dion. Hier in Kaiserslautern hab' ich zum Glück davon auch noch nichts mitbekommen. Wie hoch schatzt Du den Stel- lenwert der Fans ein, die ins Sta dion kommen? Sind auch Dir, wie einigen Verantwortlichen im Ver ein, 15.000 bis 20.000 Besucher um 18.00 Uhr lieber als 28.000 urn 20.00 Uhr, wenn nur die Kasse stimmt? Wagner: Aus Sieht des Vereins ist dies sicher richtig, da man durch eine Fernsehübertragung sehr viel Geld erhalt. irgendwann aber kommen die Fans nicht mehr ins Stadion und sitzen nur noch am Fernseher. Aber allein von den Fernsehgeldern können wir nicht leben, vor allem wenn wir international nicht mehr dabei sind. Einen Verein wie den 1. FC Kaiserslautern, bei dem im Ab- stiegskampf immer über 25.000 Zuschauer kommen, findet man nicht oft. Du hast vier Jahre lang Fan arbeit beim 1. FC in Nürnberg er- lebt. Kannst Du diese mit der Fanarbeit in Kaiserslautern ver- gleichen?

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Programmaboekjes (vanaf 1934) | 1992 | | pagina 18